Auf einer Wellenlänge mit Bach

 

Brackenheim - "Zu einer Orgelabnahme in Arnstadt bestellt, erhielt J. S. Bach ohne weiteres Probespiel 1703 seine Bestallung an der Neuen Kirche", berichtet der Hausener Organist Michael Seibel. Das dritte Hausener Triduum, eine dreiteilige Konzertreihe in der Georgskirche, widmet sich dem frühen Orgelwerk von Bach.

 

"Der 19-jährige Bach marschiert zu Studienzwecken nach Lübeck, 400 Kilometer zu Fuß. Er wollte zum einen sein musikalisches Vorbild Dietrich Buxtehude kennenlernen, zum anderen erhoffte er, sich als Nachfolger des knapp 70-Jährigen bewerben zu können", so Seibel, der mit wenigen Sätzen den Eindruck vermittelt, ein guter Freund des Musikgenies zu sein.

 

Nicht des berühmten Thomaskantors und Barockmeisters, sondern des Jungspunds, der sich über allerlei Regeln hinwegsetzt: Den für vier Wochen genehmigten Bildungsurlaub, währenddessen ihn in Arnstadt sein Vetter Johann Ernst vertritt, verlängert er eigenmächtig auf drei Monate.

 

Verwirrt war man seinerzeit auch über eine fremde Jungfer, die er ins Chorgestühl mitgenommen habe und dass er während der Predigt die Kirche verlassen und sich in den Weinkeller begeben habe, so die Protokolle, aus denen Seibel zitiert.

 

Auf einer Wellenlänge mit dem Wanderburschen Bach leben die ersten Takte des Praeludium und Fuge c-Moll ausschließlich von Beinarbeit. Irritationen von damals sind heute ein Ohrenschmaus. Die Choralbearbeitung "Nun freut euch, liebe Christen g"mein", registriert mit der Vierfuß-Flöte aus dem Rückpositiv, beflügelt durch geschwind hingehauchte Melodieführung. Aufbruch zu neuen Ufern signalisieren "Toccata und Fuge d-Moll", das bekannteste unter Bachs Orgelwerken, dessen Autorenschaft umstritten, von Seibel aber mit gutem Grund nicht in Frage gestellt wird.

 

Mitreißend Wunderbar kantabel ist die "Partita diverse sopra Choral: O Gott, du frommer Gott", mit ihr mündet das Konzert in eine mitreißende "Passacaglia et Fuga cum subjectis c-Moll". Grandios interpretiert Seibel die emotionalen Steigerungen in 20 Variationen, in denen, wie durch Stromschnellen beschleunigt, norddeutsche und französische Traditionen verstrudeln. Aufwühlend und zugleich erfrischend kommen Bachsche Fugen einer Wildwasser-Tour gleich. "Das nächste Mal geht es weiter mit Weimar und Köthen", verabschiedet sich Seibel nach einem Bad im Applaus.

 

Leonore Welzin, Heilbronner Stimme, 13. August 2013