Für manche eine Fehlkonstruktion, für andere eine Dauerbaustelle - auf jeden Fall ein tolles Instrument am falschen Platz und technisch leider verbraucht: die Steinmeyer-Orgel in der Heiliggeistkirche Heidelberg.

Glücklicherweise ist eine Orgelbau-Komission eingesetz, die sich ernsthaft mit einem Orgelneubau - unter weitgehender Wiederverwendung von brauchbarem Bestandsmaterial - beschäftigt. Ganz sicher sogar an einem akkustisch besseren Standort, dass das Instrument in die Längsachse der Kirche sprechen kann und der Klang nicht quer zur Hauptrichtung sich in den Säulen verfängt und im Langschiff nur als "großer, undefinierbarer Brei" ankommt.

Doch von vorne: Die Heiliggeistkirche hat eine sehr alte Orgeltradition, schon Mozart hat in diesem Gebäude Tasten gedrückt, später u. a. auch Albert Schweitzer. Doch da war die Kirche geteilt durch eine große Mauer: der Chorraum der katholischen, das Langschiff mit den Emporen der evangelischen Gemeinde. Doch das wurde dem wachsenden Heidelberg zu klein und so zog die katholische Gemeinde noch im 19. Jahrhundert um in die ehemalige Jesuitenkirche nahe der Universität. Bis 1936 sollte es noch dauern, bis die Trennmauer verschwand. Die große Sauer-Orgel wurde zur Kirchenrenovation abgebaut und eingelagert, verschwand dann in den Kriegsjahren auf mysteriöse Art und Weise. Die Kirchenrenovation dauerte mit Kriegsunterbrechung bis 1947 und rechtzeitig zur Einweihung war eine Steinmeyer-Orgel in der Loge über der Sakristei fertig, die mit ihren drei Manualen und 35 Registern die Chororgel einer zweiteiligen Orgelanlage werden sollte. Die Hauptorgel auf der Westempore wurde jedoch nie gebaut. Schnell war sie zu klein, die Chororgel, und so kamen einmal mehr die "schlechten Nachkriegsmaterialien" ins Gespräch, die an der nachlassenden Zuverlässigkeit Schuld sein sollten. Spätestens ab Mitte der Siebziger Jahre wurde intensiv geplant, schnell war klar, dass die Hauptorgel als große Chororgel gebaut werden soll. Pläne gab es viele, gebaut wurde ab 1981 - wieder von Steinmeyer - in mehreren Bauabschnitten bis 1993 eine große, neo-barocke, dreimanualige Standard-Orgel mit etwas "Spielzeug" für Klangeffekte und Avantgardistische Musik. Renoviert wurde das ganze bereits 1997 zum ersten mal durch Gerhard Lenter (damals noch Mitarbeiter der Fa. Walcker), der der Orgel ihren klanglichen Charakter gab und der sie bis heute betreut.

Über die Idee der "großen Orgel im Chor" kann man verschiedener Meinung sein. In dieser Kirche ist sie jedoch komplett ungeeignet, da der architektonische Einschnitt zwischen Chor und Langhaus sich äußerst ungünstig auswirkt. Historische Vorbilder hat das übrigens auch keine. Schwalbennestorgeln der Spät-Renaissance waren kleine Instrumente, Symphonische Großorgeln des ausgehenden 19. Jahrhunderts findet man fast ausnahmslos auf West-Emporen, von wo auch dann auch die spanischen Trompeten (von Unkundigen bisweilen "Auspuff nach vorne" genannt) ihre volle Wirkung entfalten können.

Warten wir also ab, was passiert. Ich jedenfalls bin gerne an der Orgel, denn von ein paar wenigen Plätzen aus gehört, klingt sie richtig toll.